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Rezension: Lauscher/Richter, Schalke - Lokomotiven für Bergbau, Industrie und Nahverkehr
von Friedhelm Weidelich
Die Gewerkschaft Schalker Eisenhütte in Gelsenkirchen ist älter als der Fußballverein. 1938/39 stieg das Unternehmen in die Produktion von Lokomotiven ein und ist seit den 1970er Jahren Hersteller von Grubenlokomotiven, Servicefahrzeugen und schweren Sonderlokomotiven.
Stefan Lauscher und Wolfgang-Dieter Richter haben auf 400 Seiten im Großformat ein Standardwerk zusammengetragen, das nicht nur mit 2500 Gramm schwer wiegt, sondern eine einzigartige Fülle von Informationen über Lokomotiv-Exoten aller Art speichert.
Schalke Locomotives, wie der Hersteller seit 2018 heißt, hat bis heute über 1.600 Loks produziert und in alle Welt geliefert, wie die Landkarten auf den Vorsatzblättern demonstrieren. Die ersten Motorlokomotiven bot der Bergbau-Zulieferer 1907/08 an, leider sind nur zwei Werbeanzeigen überliefert. Nach einer Beschäftigungskrise findet die Eisenhütte Aufträge für Kokereimaschinen und nutzt die Zusammenarbeit mit BBC ab 1938 zum Bau von elektrischen Kokerei-Lokomotiven mit seitlicher Stromabnahme.
In den Kriegsjahren schlägt sich Schalke mit dem Bau von schweren Tagebauloks durch. Ende 1944 ist nach Bombardierungen vorläufig Schluss. Erst 1949 können im neu errichteten Werk, in dem auch die Siemens-Schuckert-Werke eine Werkstatt beziehen, Kokslösch-Lokomotiven produziert werden. In den praktischen Zeitleisten im Buch erfährt man, dass bis ins 21. Jahrhundert nahezu alle solcher Loks für Kokereien und Gaswerke in Deutschland aus Schalke kamen.
1958 hat Schalke mit 399 Mitarbeitern einen Höchststand. 1961 beginnt die krisengeschüttelte Firma mit dem Bau von Kunststoffverarbeitungsmaschinen, liefert aber auch in Zusammenarbeit mit BBC und Siemens eine Weltneuheit wie die erste thyristorgesteuerte Akkulok und wegen des Gewichts als Panzerwagen verspottete Loks an die Rhätische Bahn aus. Die beiden Bauzuglokomotiven Te 2/2 wurden 2000 und 2001 verschrottet.
Die Krisen reißen nicht ab, das Grubenlokgeschäft wird von Siemens aufgeben. Schalke hat rechtzeitig die Marktlücke der Arbeitsfahrzeuge für kommunale Verkehrsbetriebe entdeckt und beliefert die Berliner U-Bahn mit Zweikraftloks. 1985 stellt Schalke eine Gruben-Gliederlok vor, bei der zwei Steuerwagen mit mehreren „Energiewagen“ gekuppelt werden. Auch schmalspurige Elektroloks für Zementbahnen wie in Lauffen/Neckar werden produziert.
Als neu gegründete GmbH bemüht sich Schalke seit 1986 um Aufträge von Bergwerken. Codelco in Chile erhält 22 schwere Untertage-Lokomotiven. Bekannter ist die 2000 gelieferte Cargotram für Dresden, in der Autoteile von VW durch die Stadt transportiert werden. Auch Dieselloks für die Flughafenbahn von Kuala Lumpur und die Metro Bangkok.
Die ab 2006 entwickelte dieselelektrische SDE 1800 soll Konkurrenz zu den immer noch dieselhydraulischen Industrie- und Werkbahnloks von Vossloh werden, doch es findet sich kein Pilotkunde. Im anspruchsvollen Programm sind zweiachsige Modelle mit großem Radstand und Drehgestell-Loks geplant. Doch die verspätet fertig werdende elegante Drehgestell-Lok erweist sich mit 22 Tonnen Achsdruck als zu schwer und zu teuer. Viele ihrer Teile enden in einer Toshiba-Hybridlok.
Seit 2019 baut Schalke Locomotives als Tochter der kanadischen Nordic Minesteel Technologies wieder Loks, darunter welche für die Metros in Amsterdam und Sydney. Es bleibt die Hoffnung, mit Speziallokomotiven in kleinen Stückzahlen überleben zu können.
Das aufwendig recherchierte Buch aus dem Barteld-Verlag ist auf Kunstdruckpapier erstklassig gedruckt und beeindruckt durch 775 Fotos und Zeichnungen. Neun Fotos habe ich beigesteuert, darunter die offenbar sehr seltenen Bilder der Steinbruchbahnen in Blaubeuren und Schelklingen, die seit 55 Jahren Geschichte sind. Ein Riesenvorteil gegenüber anderen Eisenbahnbüchern ist das 25 cm breite Seitenformat, das viel größere Bilder und ein abwechslungsreicheres Layout erlaubt. Das Buch ist durchweg ansprechend, lesefreundlich und sinnvoll gestaltet, in Kapitel aufgeteilt und erfordert kein Hin- und Herblättern. Ein Wochenende wird nicht ausreichen, um das in langjähriger Arbeit von beiden Autoren zusammengetragene Material zu erfassen und sich mit den teils exotischen Lokomotivgattungen und kuriosen Bauarten zu beschäftigen, denen man sonst bestenfalls in kurzen Zeitschriftenartikeln begegnet.
Innovativ ist auch der QR-Code am Ende des Buchs, mit dem ein aktuelles 46-seitiges PDF mit den nach Lokkategorien aufgeschlüsselten Lieferdaten und Preisen (!) von über 1.600 Fahrzeugen abrufbar ist. Sogar annullierte oder nicht abgenommene Bestellungen sind aufgelistet.
Da Grubenbahnen für Modellbahner eher ausscheiden, bieten die schmalspurigen Industrielokomotiven und Beiträge über viele Werksbahnen reichlich Anregungen für Dioramen. Aber auch die normalspurigen Spezialloks und die vielen Maßzeichnungen könnten zum Nachbau anregen. Wer im Ruhrgebiet und anderen Bergbau- und Stahlregionen aufgewachsen ist, wird dank der ausführlich beschrifteten Fotos auch manches aus seiner Nachbarschaft für sich entdecken. Das opulente Buch kann allen eisenbahntechnisch Interessierten empfohlen werden. Ein perfektes Weihnachtsgeschenk.
Stefan Lauscher/Wolfgang-Dieter Richter:
Schalke - Lokomotiven für Bergbau, Industrie und Nahverkehr
755 Abbildungen (291 Fotos in Farbe, 228 Fotos s/w, 173 Fahrzeugzeichnungen) | 400 Seiten | Format 25 x 31 cm | Festeinband | ISBN 978-3-935961-31-8 | 49,90 €


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